Montag, 12. Januar 2015

alles was gerecht ist

aufgrund einer empfehlung bin ich auf den film "alles was gerecht ist" von innerhofer/langbein gestoßen. dieser film hat bei mir fragen aufgeworfen. folgende zeilen richtete ich an kurt langbein:


sehr geehrter herr langbein

zur sendung "alles was gerecht ist?" sind bei mir ein paar fragen aufgetaucht.

wer hat die 1,25 (oder 1,85?) bio. eur vermögen berechnet? welche arten von vermögen sind darin enthalten? geld, wertpapiere, schmuck, kunst, edelmetalle, immobilien?

von wem stammen die zahlen über die verteilung von vermögen und einkommen?

wie kommt man zu der zahl, dass das vermögen der reichsten 10 % pro stunde um 3,2 mio. eur anwächst?

bei einigen inhalten bin ich sehr skeptisch, zb. bei der behauptung, dass männer ohne pflichtschulabschluss eine um 8 jahre geringere lebenserwartung haben. so etwas kann man zuverlässig nur bei einer prüfgruppe feststellen, die mind. 70 jahre alt ist. die hätten wiederum vor ca. 55 jahren (also 1960 oder früher) den pflichtschulabschluss erwerben können. das sind kinder aus der besatzungszeit mit einem erst in aufbau befindlichen schulsystem. von besonderer förderung aufgrund irgendwelcher entwicklungsrückstände war damals bestimmt noch keine rede. 

wenn österreicher im schnitt um 8 jahre länger krank sind als die skandinavier, dann frage ich mich, wie das möglich ist. liegt es an unterschiedlichen definitionen von krankheit oder der österreichischen sitte, pünktlich mit 59 1/2 jahren zu erkranken und das in hinblick auf den erhalt der pension auch zu bleiben?

dass die kinder sog. bildungsferner schichten nur zu 8 % ein akademisches studium absolvieren, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. in meinem persönlichen umfeld ist die zahl der studenten, die aus familien mit hauptschulabschluss kommen, fast explodiert. wie alt ist diese zahl? sind da auch fachhochschüler eingerechnet?

wenn sozial schwache eine angeblich 10 jahre niedrigere lebenserwartung haben, dann ist diese wirkung ebenfalls zeitversetzt. wenn jetzt jemand wegen armut um 10 jahre früher stirbt, dann ist das die folge eines zustandes, der schwerpunktmäßig vor 20 bis 40 jahren stattgefunden hat. werden die menschen, die heute arm sind, auch eine um 10 jahre geringere lebenserwartung haben? als mann hab ich übrigens auch eine um 4 jahre geringere lebenserwartung als eine frau (wenn die zahl noch stimmt).

in dänemark gibt es keine boni bei banken. gilt das wirklich für alle banken und alle mitarbeiter? ich nehme an, dass es bei ca. 95 % der bankmitarbeiter in österreich auch keine boni gibt.

das einkommensverhältnis von 1 zu 7 ist wenig aussagekräftig. ist das brutto oder netto gerechnet? in österreich verdienen frauen brutto um 39 % weniger als männer, netto sind es 32 % weniger. männer zahlen dabei über eur 9000,- steuern und abgaben, frauen eur 4000,-.

herr sedmak philosophiert über die vorteile guter materieller ausstattung als erfolgsfaktor. mir fällt auf, dass motivation ein mind. ebenso wichtiger wenn nicht sogar viel wichtigerer faktor ist als materielle ausstattung. ich beobachte auch, dass menschen mit sehr geringer materieller ausstattung meist erheblich motivierter sind als solche, denen vieles in die wiege gelegt wird. es ist schön, wenn man ein hotel geschenkt bekommt oder eine tierarzt-praxis. wenn ich das geschäft nicht beherrsche, bin ich mit beidem in drei bis fünf jahren pleite. so wie viele lottomillionäre. wenn ich ein hotel leiten will, aber mir keins leisten oder kaufen kann, kann ich auch als geschäftsführer in einem hotel arbeiten. oder eine ordination mieten. oder juniorpartner bei einem anderen tierarzt werden.

die familie gmachl mag sehr vermögend sein, aber tauschen wollte ich mit ihnen nicht.

wir erfahren, dass die reichen immer reicher werden, und die armen immer ärmer. dabei hab ich den eindruck, dass die armen noch nie so gut versorgt waren wie heute. und wenn die superreichen so viel schneller reich werden, dann frag ich mich, wäre es besser, wenn die mateschitze, haselsteiners und wlascheks nicht in österreich, sondern wo anders residieren? würde man sie vertreiben, wäre das vermögen dann viel gerechter verteilt, das ist keine frage.

wenn die zunehmend ungleichere verteilung von vermögen sozialer sprengstoff ist, frage ich mich, ist die zunehmend ungleiche verteilung von bildung kein sozialer sprengstoff? interessanterweise wir immer nur über die ungleiche verteilung von vermögen diskutiert. niemand redet von ungleicher verteilung von gesundheit, schönheit, intelligenz, mut, motivation.

soweit ein paar gedanken und fragen zu ihrem film, die mir spontan eingefallen sind.